Ereignen sich viele Unfälle mit Elefanten?
Es vergeht kein Jahr ohne dass sich nicht einige schwere Unfälle mit Elefanten im direktem Kontakt ereignen.
Allein aus den europäischen und nordamerikanischen Zoos und Zirkussen erreicht uns jährlich die Nachricht von 3 bis 4 toten Elefantenpflegern. Dazu kommen einige schwer verletzte Elefantenpfleger und Zirkusleuten, die danach aus physischen oder psychischen Gründen, nicht mehr mit Elefanten arbeiten können.
Eine umgangreichte Auflistung von Unfällen mit Elefanten finden Sie hier:
http://www.european-elephant-group.com/archiv-unfaelle.htm
Warum kommt es immer wieder zu Unfällen?
So besteht ein riesiges Kräftegefälle zwischen Elefant und Mensch. Auf der einen Seite der massige Elefant und auf der anderen Seite der relativ schwache und zerbrechliche Mensch. Manchmal wird die Musth der Elefantenbullen unterschätzt oder zu spät erkannt.
Ein weiterer Grund liegt in der hierarchischen Struktur einer Elefantengruppe. Der Elefantenpfleger muss sich seine Alphastellung unter den Elefanten erarbeiten und immer wieder bestätigen.
Wenn sich 3 Elefanten während der Vorstellung streiten und Rangkämpfe austragen, kann das für die Elefantenpfleger oder Zirkusbesucher gefährlich werden.
Es entstehen auch Unfälle aus reiner Dummheit wie hier zu sehen ist:
Geht einem Unfall immer ein Angriff voraus?
Ein Missverständnis zwischen Mensch und Elefant kann, ohne böse Absicht, fatale Folgen mit sich ziehen. Um einen klassischen Unfall, der auch auf einem Bauernhof oder in einem Pferdestall geschehen kann, handelt es sich, wenn Mensch und Tier zusammen durch eine schmale Türöffnung gehen wollen. Was bei einem Unfall mit Pferden oder Kühen mit Glück vielleicht nur Knochenbrüche mit sich zieht, endet bei einem ähnlichen Unfall mit Elefanten ziemlich sicher tödlich.
Gibt es auch bösartige Angriffe?
Neben den unglücklichen Missverständnissen, gibt es aber auch bösartige Attacken der Elefanten gegen ihre Betreuer. Der hierarchische Gruppenaufbau zwischen den Elefanten sorgt immer wieder für Rangeleien und Kämpfen zwischen den Tieren.
Da die Elefanten ihre Pfleger ebenfalls als einen Elefanten betrachten, muss der Elefantenpfleger seine Position innerhalb der Gruppe immer wieder von neuem bestätigen und ausbauen.
Als Komali einen ehemaligen, nicht mehr aktiven Elefantenpfleger, der unbeaufsichtig das Elefanten-Innengehege betrat, verletzte, war ihr trauriges Schicksal leider besiegelt. Sie wurde am nächsten Morgen eingeschläfert.
Abgesehen davon, dass Komali eine Odyssee von einem Zoo zu einem anderen erspart blieb, steht ihre Geschichte stellvertretend für das Schicksal vieler so genannter «bösartiger Elefanten». Heute würde sie in einen anderen Zoo, mit einer modernen Protected Contact Elefantenhaltung, abgegeben und könnte weiter leben.
Wie können Attacken vermieden werden?
Nur wen die Elefanten genügend Respekt vor ihren Pfleger haben, werden sie seine Stellung in der Hierarchie akzeptieren.
Den Respekt, aber auch das Vertrauen, der Elefanten gewinnt der Elefantenpfleger durch eine gute Dressur und einem konsequenten Umgang mit den Tieren.
Wieso kann es trotzdem zu Angriffen kommen?
Junge, pubertierende Elefanten, Machtkämpfe innerhalb des Pflegeteams oder der Elefantengruppe und neue Pfleger «stören» die gefestigte Sozialstruktur.
Aus dieser Unsicherheit heraus können neue Konflikte entstehen, die zu tragischen Unfällen führen können.
Sind Elefanten doch gefährlich?
Es gibt aber auch immer wieder Unfälle aus «heiterem Himmel». Ohne Vorwarnung oder ersichtlichem Grund, greift ein, bis zu diesem Zeitpunkt, zuverlässiger und vertrauter Elefant seinen Pfleger an.
Nach solchen Attacken sind alle Beteiligten schockiert und suchen nach einer Begründung für das «Fehlverhalten» des Elefanten. Oft heisst es dann: Der Elefant hat aus unbekannten Gründen «durchgedreht». Was aber der Grund für den Angriff war wird in der Regel ein Geheimnis bleiben.
Vielleicht ist für einen kurzen Moment wieder das Wildtier im Elefanten zum Durchbruch gekommen. Das macht die Elefanten, trotz aller Dressur und Vertrautheit mit ihren Pflegern in Zoos und Zirkussen, zu sehr gefährlich Tieren.
Vielfach liegt die Unfallursache auch bei den schlecht ausgebildeten Elefantenpfleger und ihren Vorgesetzen.
Was macht Elefantenbullen gefährlich?
Das Phänomen der Musth wird bei Elefantenbullen oft unterschätzt. Manche Bullen werden aggressiv bevor die äusseren Musthmerkmale sichtbar sind.
Der sicherste Bullenstall ist dann nutzlos, wenn die Sicherheitsmassnahmen noch nicht eingebaut sind.
Vielfach wird der eigene vertraute Bulle auch unterschätzt und verharmlost. Oft kann man von erfahrenen Elefantenpflegern hören: «Mein Bulle macht mir nichts. Ich habe ihn unter Kontrolle!» Dies kann ein fataler Trugschluss sein.
Und die jungen Elefantenbullen?
Zu einem Unfallverursacher können auch jungen Elefantenbullen werden, die noch zusammen mit den Elefantenkühen im direktem Kontakt (free contact) zu den Pflegern leben.
Eigentlich sollte der junge Bulle bereits in einen anderen Zoo leben. Es ist aber vielfach sehr schwer einen guten neuen Platz für junge Bullen zu finden. Die meisten Zoos können aus baulichen und/oder finanziellen Gründen nur einen Bullen halten.
Wann kommt die erste Musth?
Es ist aber gut möglich, dass bei einem jungen Bullen bereits im Alter von ca. 7 Jahren die ersten Symptome der Musth auftreten. Das bedeutet, dass bis zu diesem Alter ein junger Elefantenbulle an einen Bullenstall gewohnt sein und sich ohne direkten Kontakt zu den Elefantenpfleger im Protecetd Contact managen lassen sollte.
Kommt es häufig zu Unfällen mit Bullen?
Als vor einigen Jahren Elefantenbullen noch in Zirkusse auftraten und in Zoos wie Elefantenkühe gehalten wurden, waren Unfälle mit Bullen sehr häufig und vorprogrammiert.
Heute sind solche Unfälle, da wo das Sicherheitskonzept funktioniert, zum Glück seltener.
Was passiert mit «bösen» Elefanten?
Traurig sind Unfälle für Mensch und Tier. Vielfach werden Elefanten die ihren Pfleger umbringen oder schwer verletzten auch getötet. Dies weil das Vertrauen in den Elefanten zerstört ist.
Ein Elefant der einen Pfleger tötete, kann vielleicht bei einem nächsten Konflikt wieder seinen Elefantenpfleger verletzen oder umbringen.
Der Elefantenbulle Ziggy aus dem Zoo Chicago wurde nach dem Angriff auf seinen Pfleger, George („Slim“) Lewis, der die Attacke mit viel Glück überlebte, 30 Jahre lang nur noch im Innenstall des Elefantenhauses gehalten. Niemand traute sich mehr Ziggy in die Aussenanlage zu führen. 1975 starb der Bulle nach einem Sturz in den Abtrenngraben.
Aktuelle Meldungen zu Unfällen mit Elefanten finden Sie im Magazin «Elefanten in Zoo und Zirkus» der EUROPEAN ELEPHANT GROUP